Griechenland stellt in der Krise 1.000 neue Beamte ein

Seit zwei Wochen ist der neue griechische Regierungschef Antonis Samaras im Amt. Zumindest, wenn man das Wort "im" nicht im engeren Sinne begreift, denn seinen Amtssitz kann er immer noch nicht betreten. Die Ärzte verbieten es.

Gleich nach seinem Wahlsieg am 17. Juni erlitt er Augenprobleme, die eine Operation erforderlich machten. Seither erholt er sich in seiner Wohnung im Athener Stadtteil Kifisia.

Dort fand denn auch am Montagnachmittag der große Kriegsrat statt, auf dem beraten wurde, mit welchen Tricks und Taktiken man der "Troika" (EU, IMF, EZB) in den nächsten Tagen und Wochen eine weitreichende Aufweichung des "Memorandums", also des EU-Sparpaketes abringen könnte.

Anwesend waren außer Samaras die Parteichefs seiner Koalitionspartner, Evangelos Venizelos für die "sozialistische" Pasok, und Fotis Kouvelis für die neue kleine sozialdemokratische Linkspartei "Demokratische Linke (Dimar). Samaras selbst ist Chef der dominierenden konservativen Regierungspartei "Nea Dimokratia" (ND).


Ein kränklicher Start der neuen Regierung


Auch der neue Finanzminister Yannis Stournaras und einige Wirtschaftsexperten waren zugegen; der ursprünglich von Samaras erwählte Finanzminister Vassilis Rapanos war noch vor seinem Amtsantritt, wie Samaras, ins Krankenhaus gebracht worden und hatte danach aus nicht näher genannten Gesundheitsgründen auf das Amt verzichtet.

Es war insgesamt ein sehr kränklicher Start der neuen Regierung gewesen, nun aber wollte man in Samaras' Wohnzimmer endlich durchstarten und eine Verhandlungsstrategie ausarbeiten. Denn die Troika ist wieder in Athen, und in den nächsten Wochen wird von ihrem Urteil wieder einmal die Zukunft des Landes abhängen.

Bislang herrscht eine gewisse Verwirrung, was die Regierung denn will. Der Koalitionsvertrag der drei Parteien enthält Forderungen an die EU, die inhaltlich nicht allzu weit entfernt sind vom Programm der linksradikalen Syriza.

Die wollte das Sparprogramm komplett kippen, die Koalition hingegen nur "korrigieren", aber diese "Korrekturen", wenn sie komplett durchgesetzt werden, bedeuten eigentlich ebenfalls, dass das Sparpaket faktisch gekippt wäre.


Griechenland "entschlossen" zu sparen

Andererseits hatte Samaras kürzlich in einem Brief an die EU etwas leisere Töne angeschlagen. Da hieß es, Griechenland sei "absolut entschlossen", die Auflagen des Sparpakets zu erfüllen, es müssten jedoch "einige Details" geändert werden, um Rezession und Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Und nach dem Kriegsrat in seinem Haus am Montag klang es ebenfalls fast so, als habe man Kreide gegessen: "Wir müssen erst Resultate vorweisen, und erst danach Forderungen stellen", hieß es nach dem Brainstorming in Kifisia. Und: Man wolle sofortige Forderungen gegenüber den Geberländern vermeiden, und nicht mit ihnen in Konflikt geraten.

Ein genauerer Blick zeigt eine doppelte Strategie. Die Regierung will im Parlament "sofortig Ziele" vorstellen, die aber erst im Rahmen von vier Jahren, also der vollen Legislaturperiode umgesetzt werden sollen. Doppelter Vorteil: Man steht nicht gleich unter Druck, Versprechen nicht eingelöst zu haben.

Und, da die Opposition todsicher irgendwann vorgezogene Wahlen fordern und auf den Straßen demonstrieren wird, kann man damit drohen, dass dann aber die anvisierten Erleichterungen für die Bürger nicht erreicht werden können. Freilich, ein Schachzug, um neuen Wahlen vorzubeugen, nur zwei Wochen nach einer wiederholten Neuwahl – das zeugt von Angst.


Nur scheinbares Entgegenkommen

Gegenüber der EU will man offenbar versuchen, mit scheinbarem Entgegenkommen tatsächliche Reformen zu verhindern. Insbesondere will die neue Regierung die von der EU geforderten Privatisierungen offensiv verwirklichen.

Andererseits sollen aber keine "weiteren" Staatsangestellten entlassen werden. Das ist insofern kurios, als in den letzten Tagen bekannt wurde: Griechenland hat in der Krise nicht Beamte entlassen, sondern mehr als 1000 neue Stellen besetzt. Von "weiteren" Entlassungen kann also nicht die Rede sein.

Und wie will man Staatsbetriebe privatisieren, ohne Staatsangestellte zu entlassen? Samaras hatte im Wahlkampf vorgeschlagen, sie drei Jahre lang pro Forma weiter beschäftigen. Auf Druck von Kouvelis einigte sich die Koalition nun aber darauf, Staatsangestellte aus privatisierten Betrieben einfach in andere Teile des Staatssektors zu transferieren.

Die Weigerung, Beamte zu entlassen, ist eigentlich eine Weigerung, das politische Klientelsystem zu ändern, das Griechenland in den Abgrund gebracht hat. Parteipolitisch-taktisch ist es verständlich: Es sind die verängstigten Beamten, die für die Linksradikalen stimmten, und ihnen fast zum Sieg verhalfen. Entlassungen könnten die Lage weiter radikalisieren.


Griechen wollen Mehrwertsteuer wieder senken

Was steht noch auf der Athener Wunschliste? Das Arbeitslosengeld soll von einem auf zwei Jahre verlängert werden, der Krise der Berechtigten ausgeweitet (die Ausweitung hatte nicht einmal Syriza gefordert, die Verlängerung aber schon).

Man will keine neuen Steuern erheben, und die Mehrwertsteuer in der kollabierenden Fremdenverkehrsbranche von 23 auf 13 Prozent senken. Es soll keine weiteren Gehalts- oder Rentenkürzungen geben.

Das alles bezeichnet die neue Regierung als "rote Linien". Zusätzlich will man die Sparziele um zwei Jahre strecken, bis 2016. Im Klartext: Griechenland braucht bis dahin mehr Geld.

Was das betrifft, will die Regierung "Gleichbehandlung mit Spanien und Italien" fordern, also einen möglichst direkten Zugriff auf die Rettungsfonds ohne strenge Auflagen.

Hingegen will man mit den Privatisierungen "schon" im August beginnen. Das von der EU geforderte Privatisierungsprogamm wartet eigentlich schon seit Jahren auf eine tatsächliche Umsetzung.

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