Organisierter Mehrwertsteuer-Betrug in Griechenland

Eine journalistische Recherche enthüllt den systematischen Betrug mit Mehrwertsteuer-Rückzahlungen in Griechenland, die den Staat um immense Summen brachten.

Zwei Wochen nach der Aushebung vier krimineller Organisationen in Thessaloniki, in deren Rahmen unter anderem auch der Amtsträger der SDOE Christos Papahatzis verhaftet und nach seiner Aussage vor dem Untersuchungsrichter in Untersuchungshaft genommen worden war, beginnt die elektronische Zeitung zougla.gr den “Colpo Grosso” aufzudecken, der den griechischen Fiskus um immense Summen brachte. Eine wesentliche Rolle spielt bei den Enthüllungen der inhaftierte Buchhalter Nikos Kasimatis, dessen Name auf der neulich publizierten Liste der Steuerschuldner des Finanzministerium an erster Stelle figurierte. Der erste Artikel der Reportagereihe wird nachstehend in deutscher Übersetzung wiedergegeben.

Der große Trick mit der Mehrwertsteuer in Griechenland

19. Januar 2012: Der Finanzminister und Regierungsvertreter Evangelos Venizelos erklärt anlässlich der Verhaftung des Christos Papahatzis: “Selbstreinigung der SDOE von großer Bedeutung”.
01. Februar 2012: Die journalistische Recherche von zougla.gr beweist, dass der “Fall Papahatzis” einfach nur eine Bagatelle ist. Eine kleine Wunde der kranken Steuerverwaltung, die aufgerufen ist, das dornige Thema der Steuerhinterziehung in unserem Land zu lösen. 


Zum ersten Mal wird die Leserschaft die Gelegenheit haben, unter Nennung von Namen und Anschriften die Heldentaten von Spitzenfunktionären der SDOE, Inspektoren des Finanzministeriums, Leitern von Finanzämtern, Steuerbeamten und eidbrüchigen Bediensteten des Staatsapparats zu “genießen”. Offizielle Unterlagen, welche genaue Daten, Tage und Zeiten anführen. Seit wenigen Stunden befinden sich im Besitz der elektronischen Zeitung einige “heiße” Akten. Über deren Inhalt – der in den nächsten Tagen unverändert publiziert werden wird – verfügen die Behörden der Staatsanwaltschaft seit Juni 2010. Seitdem wird ermittelt … .

Ankläger ist Nikos Kasimatos, der auf Basis der von dem Finanzministerium publizierten Liste größte Schuldner des Fiskus. Beklagte sind die “Kinder des Systems”. Alle, die natürliche Täter in dem colpo grosso waren, der von dem 59-jährigen Buchhalter mit den 30 imaginären Firmen und den fiktiven Rechnungen in – und nicht nur – Nordgriechenland aufgebaut wurde.

Einige von ihnen sind heute Leiter großer Finanzämter. Andere Inspektoren des Finanzministeriums. Einige gingen in die Politik. Manche können Sie auf Ihren Fernsehempfängern bewundern. Sie pflegen, über die Probleme der Wirtschaft zu reden und sogar auch über Themen der moralischen Ordnung zu schwätzen. Mal ehrlich, wo fanden diese Herren die Moral? Alle erfreuen sich des Asyls. Keiner ist kontrolliert worden. Einige sputen sich derzeit vielleicht, den “Entwicklungen” vorzukommen. Leider ist es zu spät … . Innerhalb der bevorstehenden Stunden werden sie ihre Namen veröffentlicht sehen. Ihre Antworten sowie die Überprüfungen ihrer Vermögenslage werden interessant sein.

Die Tarife für die Besetzung behördlicher Schlüsselpositionen

Die erste Bezugnahme des Nikos Kasimatis vor dem Leiter der Berufungsstaatsanwaltschaft Thessaloniki erfolgte am 28-05-2010. Den Verlauf seines früheren Lebens darlegend führt der in Untersuchungshaft befindliche Buchhalter seine erste berufliche Erfahrung als Angestellter der Gesellschaft “Iotex A.G.” an. “Als ich in dem ersten Stadium unserer Zusammenarbeit als Buchhalter versuchte, eine gewöhnliche finanzielle Differenz der Gesellschaft mit der für sie zuständigen FAE (= Finanzbehörde für Aktiengesellschaften) zu regeln, schlug ich fehl, weil ich rechtskonform und auf Basis dessen vorging, was mir bekannt war und die einschlägigen Gesetze bestimmten”, betont er auf den ersten Seiten seines Berichts.

Und er fährt fort und führt den “Tarif” für die Besetzung der Positionen bei den neuralgischen Behörden an. Wenn dort nicht “geschmiert” wurde, lief gar nichts. Kasimatis sagt: “Um diese Positionen zu bekleiden, erfolgt ein intensiver Wettbewerb, es sind Bekanntschaften mit – nicht nur – behördlichen Funktionären erforderlich, analog zu der Position zahlen sie an ihren Amtsvorgänger und die Inspektoren hohe Beträge: Für die Position des Leiters der FAE 200.000 Euro, für die Position einiger privilegierter DOY (= Finanzämter) 100.000 Euro, für die Position des Aufsehers 80.000 Euro und des Kontrolleurs 50.000 Euro.

Der Trick mit der Mehrwertsteuer-Erstattung

Nikos Kasimatis widmet ganze Kapitel seiner Ausführungen der Beschreibung des Aufbaus der Betrugsmaschinerie, die sich auf die illegalen Mehrwertsteuer-Rückzahlungen bezieht. Er ist Meister der Klasse, sah und lebte alles: Zeit, dass auch die öffentliche Meinung informiert wird.

Die drei hauptsächlichen Merkmale waren: Vertrauen, Verschwiegenheit und “Omerta”. Wer diese nicht hatte oder nicht hat, kommt nicht “zum Zug”. Damit der Trick der “MwSt.-Erstattung” aus fiktiven Rechnungen glückt, muss eine unzerbrechliche Kooperation zwischen Steuerbeamten, Amtsträgern der S.D.O.E. und Unternehmern existieren. Der “colpo grosso” erforderte totales Vertrauen und die Zusammenarbeit der Verantwortlichen der Finanzämter (D.O.Y.) mit einer Person ihres absoluten Vertrauens, üblicherweise einem Buchhalter, oder mit dem Verantwortlichen eines jeden Kreises, der bereits bewährt und vertrauenswürdig war.

Damit das System auf keinen Fall aufgedeckt wird, vertrauten – laut Kasimatis – die Finanzbeamten nicht jedem Unternehmer, sondern einer Person ihres absoluten Vertrauens, welche die Rolle des Vermittlers spielte. Nur auf Empfehlung dieser Vertrauenspersonen konnten sie einem neu in das System Eingeführten vertrauen. Diese konspirativen Regeln wurden zur Vermeidung der Aufdeckung des Kreises penibel eingehalten.

Fiktive Kontrolle und sofortige Bewilligung illegaler MwSt.-Erstattungen

Wenn ein Unternehmer oder Unternehmen die Erstattung der Mehrwertsteuer für angeblich durchgeführte Exporte in Länder der Europäischen Union oder Drittländer verlangte, war ein Antrag an die zuständige D.O.Y. einzureichen, mit dem unter gleichzeitiger Beibringung auch der erforderlichen Unterlagen die Rückzahlung beantragt wurde. Der Antrag musste protokolliert, in das Register der Unternehmen mit einem Anrecht auf die MwSt.-Erstattung eingetragen und eine Akte angelegt werden. Danach musste die Akte an den Leiter der MwSt.-Stelle überstellt werden und die Überprüfung durch vier Bedienstete der zuständigen D.O.Y. beginnen, die sich an den Sitz des Unternehmens begaben. Von all dem Vorstehenden erfolgte jedoch nichts … .

In seiner Aussage enthüllt Herr Kasimatis: “In allen Fällen, in denen keine realen Exporte existierten, kam nicht das Geringste zur Anwendung, die Bewilligung erfolgte umgehend, wie auch die Gelder umgehend zur Auszahlung kamen. Ging es dagegen um reale Exporte, war die Kontrolle pedantisch und penibel und dauerte tagelang, und die Auszahlungen erfolgten nach Monaten”.

In den Fällen, wo es keinen realen Export gab, begab sich kein Stab an den Sitz des Unternehmens, da es praktisch kein Unternehmen, sondern nur ein kleines Büro gab, das laut der Aussage eine Fläche von 12 – 15 qm hatte, und dies nur für die ersten beiden Monate und sogar ohne Telefon und Stromanschluss. Natürlich erfolgte weder eine Kontrolle der Eingänge noch der Rechnungen, da diese fiktiv waren, und selbstverständlich erfolgten auch keine Prüfungen der Bücher, da diese leer und nicht unterzeichnet waren. Mit wenigen Worten, alles war illegal und fiktiv … .

Geisterunternehmer und korrupte Finanzbeamte

Beispielhaft für die Kooperation der Steuerbeamten und der Privatpersonen ist die Anzeige des Kasimatis, dass auf den illegalen Mehrwertsteuer-Erstattungsanträgen niemals die Telefonnummer des Unternehmers angeführt wurde, da kein Unternehmen existierte, während der beanspruchte Betrag der Erstattung meistens nicht von dem Antragsteller, sondern von den Finanzbeamten selbst eingetragen wurde!

“Wo es eine rechtswidrige MwSt.-Rückzahlung an Privatpersonen gab, gab es gleichzeitig auch ein illegales Verhalten von Finanzbeamten. Wo es eine rechtswidrige MwSt.-Rückzahlung gab, gab es obligatorisch deren Verteilung, üblicherweise entsprechend zu 60% – 40% zwischen Privatleuten und Finanzbeamten. 10% wiederum der nach der endgültigen Überprüfung erstatteten MwSt. behielten immer vollständig die Finanzbeamten ein, mit dem Ergebnis, dass sich ihr Anteil schließlich auf 50% beläuft. Wie angeführt wird, “wollte die eine Seite die Zusammenarbeit der anderen, weil anderenfalls die Rückzahlung der MwSt. unmöglich war”.

Die Reportage wird fortgesetzt … (s. nachstehende Verweise)

(Quelle: zougla.gr)

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