EU-Asylsystem und Griechenland - Brüchiges Vertrauen

Die gemeinsame Asylpolitik der EU soll helfen, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen. Doch nicht alle Mitgliedsstaaten achten die Grundrechte von Asylbewerbern.

Wie weit die Europäische Union sich verfestigt hat, wie weit das Europarecht in alle Lebensbereiche eingreift, zeigen allein die Entscheidungen, die der Europäische Gerichtshof am Mittwoch verkündet hat: Es ging um die Strafbarkeit von Unternehmern, die Anlagen für den Raketenbau nach Iran liefern, dass die „Volksmudschahedin Irans“ nicht auf einer EU-Liste von Terrororganisationen geführt und ihr Vermögen nicht eingefroren werden darf und dass ein Fahrverbot für Lastwagen mit bestimmten Gütern auf der Inntal-Autobahn zwischen Österreich und Italien gegen Europarecht verstößt.

Eine weitere Entscheidung der Luxemburger Richter zeigt freilich auch, dass auf bestimmten Feldern von einheitlichen Standards keine Rede sein kann. Unmissverständlich stellt der Gerichtshof klar, dass man nicht zugrunde legen kann, dass alle EU-Staaten die Grundrechte von Asylbewerbern achten. Daraus folgt, dass sie nicht ohne weiteres abgeschoben werden können. Konkret geht es wieder einmal um Griechenland.

Weder Unterkunft noch Verpflegung

Schon Anfang Januar hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Asylpolitik der Europäischen Union in Frage gestellt. Die Richter verurteilten Griechenland und Belgien wegen Verstoßes gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung. Die EU-Kommission rief damals zu einer raschen Vereinheitlichung des Asylrechts auf. „Es sollte jedem Asylbewerber die gleichen Rechte und Möglichkeiten geben, egal in welchem EU-Land er ankommt“, sagte Innenkommissarin Malmström, nachdem ein afghanischer Flüchtling über menschenunwürdige Zustände in griechischen Aufnahmelagern geklagt hatte.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht war ebenfalls mit dem griechischen und europäischen Asylsystem befasst - es fällte aber kein Urteil. Zur Begründung verwies der Zweite Senat auf den seinerzeit von der Bundesregierung verhängten Abschiebestopp nach Griechenland. Den hatten die Verfassungsrichter selbst angeregt.

Deutschland will demnach vorerst keine Asylbewerber mehr nach Griechenland zurückschicken, sondern die Asylverfahren selbst durchführen. In dem Verfahren war geltend gemacht, dass der Asylbewerber in Griechenland keinen Übersetzer bekomme und weder Unterkunft noch Verpflegung erhalte. Nach der Dublin-II-Verordnung von 2003 ist jenes europäische Land für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, über das der Flüchtling einreiste.

Die EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

Nachdem schon der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte klargestellt hatte, Griechenland dürfe - trotz seiner großen Belastung - keine unmenschliche Behandlung zulassen, urteilte jetzt auch der Europäische Gerichtshof: „Ein Asylbewerber darf nicht an einen Mitgliedstaat überstellt werden, in dem er Gefahr läuft, unmenschlich behandelt zu werden.“ Das Unionsrecht lasse, „keine unwiderlegbare Vermutung zu, dass die Mitgliedstaaten die Grundrechte der Asylbewerber beachten“.

Die gemeinsame Asylpolitik ist demnach wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, „der allen offensteht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz nachsuchen“. Hier wollten sowohl der Court of Appeal of England and Wales als auch der High Court von Irland vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob - angesichts der Überlastung des griechischen Asylsystems - die Behörden eines Mitgliedstaats, welche die Überstellung von Asylbewerbern an Griechenland (als Staat, der nach der Dublin II Verordnung für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist) vornehmen müssen, zu der vorherigen Überprüfung verpflichtet sind, ob dieser Staat die Grundrechte tatsächlich beachtet. Und ob sie selbst für den Fall, dass dieser Staat die Grundrechte nicht beachtet, selbst in die Zuständigkeit für die Prüfung des Antrags eintreten müssen.
Kein unerschütterliches Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit aller EU-Staaten

Die Luxemburger Richter heben hervor, dass das gemeinsame Europäische Asylsystem darauf beruhe, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten insoweit einander vertrauen dürften. Demnach reicht nicht schon der geringste Verstoß gegen die asylrechtlichen Normen aus, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Denn sonst, so der Gerichtshof, würden die Verpflichtungen der Staaten im europäischen Asylsystem ausgehöhlt. Es sei Sache der Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, „einen Asylbewerber nicht an den als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, wenn ihnen nicht verborgen geblieben sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ernstlich und erwiesenermaßen Grund zu der Annahme geben, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden“. Jeder EU-Staat muss nun darauf achten, dass das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nicht unangemessen lange dauert. Erforderlichenfalls muss der betroffenen Mitgliedstaat den Asylantrag selbst prüfen.

Fazit: Es gibt kein unerschütterliches Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit aller EU-Staaten. Und: Europas Zweck ist letztlich, Recht und Freiheit des Einzelnen zu wahren.

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