«Griechenland ist der letzte Staat des real existierenden Sozialismus»

Griechenland steht vor dem Ruin, heute liegt das Land wegen eines Generalstreiks lahm. «Wir Griechen sind selbst schuld», sagt der berühmte griechische Krimiautor Petros Markaris.


Protest gegen selbstverschuldetes Elend: Griechenland wird heute bestreikt. Auch auf dem Flughafen Athen läuft fast nichts.
Bild: Keystone





In der «Welt» gibt der Bestsellerautor ein grosses Interview. Dabei geht er mit seinem Land hart ins Gericht. Sowohl mit der Regierung als auch mit jenen, die heute auf der Strasse stehen: Alle hätten von der Verschwendungssucht profitiert. So auch die Bauern. «Die haben zehn Jahre lang hohe Subventionen zur Modernisierung ihrer Höfe bekommen. Und was haben sie damit gemacht? Sie haben sich Häuser und Jeeps gekauft. Wenn Sie heute durch die Dörfer fahren, sehen Sie die Bauern im Kafenion sitzen, und auf den Äckern arbeiten Migranten.»

Das System vom Geben und Nehmen ist stark verzweigt: «Nehmen tun die Ärzte, Anwälte, Architekten, die oft nur 2000 Euro Steuern entrichten, aber drei Häuser ihr Eigen nennen. Da kommt der Fiskus ins Spiel. Niemand kommt zu einem derart niedrigen Steuersatz, wenn er nicht dem Steuerbeamten einen Fakelo, einem mit Geld gefüllten Umschlag, zugesteckt hat. Das heisst, dass ausgerechnet die Beamten, die gegenwärtig in Athen gegen die Sparmassnahmen und für höheres Gehalt streiken, über erhebliche Nebeneinkünfte verfügen. Dasselbe gilt für die Bauverwaltung und andere Behörden.»

«Keine demokratischen Parteien im europäischen Sinn»

Die heutige Misere nahm 1981 mit dem Beitritt zum EWR ihren Anfang, als die Subventionen aus Brüssel zu fliessen begannen und plötzlich viel Geld zum Verteilen zur Verfügung stand. Den Ursprung der Komplizenherrschaft ortet Markaris aber viel früher: im Jahr 1831, als der damalige Präsident Ioannis Kapodistrias ermordet wurde, weil er ein modernes Staatswesen errichten und die Privilegien der Grossgrundbesitzer und Warlords radikal beschneiden wollte. Bis heute gebe es in Griechenland keine demokratischen Parteien im europäischen Sinn, sondern nur Klientelverbände. «Griechenland ist der letzte Staat des real existierenden Sozialismus in Europa. Nicht, was das System, aber was die Mentalität und die politischen Strukturen angeht.»

Ein Interesse, etwas an der Situation zu ändern, habe kaum jemand: «Jede Familie hat einen Enkel oder Neffen, der über die Partei zu Geld, Kontakten und Ansehen gekommen ist. Der wird dann zum Vorbild oder Türöffner, ganz wie Sie wollen.» Allerdings sieht er einen kleinen Hoffnungsschimmer: «Es gibt eine kleine, jedoch sehr aktive Minderheit. Kleinunternehmer, Händler, Intellektuelle, die seit Jahren dagegen angehen und jetzt buchstäblich gegen den Ruin ankämpfen. Die sind verzweifelt, bekommen kaum noch Kredite, denken jetzt offen darüber nach, ob sie das Land nicht verlassen sollten. Doch eines ist neu: Sie bekommen erstmals eine Stimme. Auch die Medien versuchen nicht mehr, die Lage schönzureden. Erstmals werden die Krise und ihre Ursache deutlich benannt.» Um dann zum Schluss zu kommen: «Diese Krise ist unsere letzte Chance. Wenn wir die verspielen...»

QUELLE

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