Griechenland: Wer fürchtet sich vor dem Rassismusgesetz?

Die jüngsten Ausschreitungen um die Aktivitäten der Chryssi Avgi fanden auch in dieser Woche eine Fortsetzung.

Zunächst einmal wurde bekannt, dass ein mutmaßlicher Brandstifter, dessen Schlafzimmer mit den Symbolen und Parolen der Partei bemalt ist, den Behörden gegenüber sehr redwillig war. Er gab zu, die Schaufensterscheibe eines im Zentrum Athens zerstörten Geschäfts zerschlagen zu haben. Zusätzlich bekannte er sich dazu, mit anderen Gleichgesinnten allnächtlich auf Streife zu gehen. Der Mann ist bis zu seinem Prozess auf freien Fuß.

Schließlich konnten die Radiohörer am Dienstagmorgen einem Argumentationsaustausch zum Thema Immigranten zwischen dem Rechtsausleger Adonis Georgiadis der Nea Dimokratia und Ilias Kasidiaris, dem Pressesprecher der Chryssi Avgi, lauschen. Kasidiaris warf Georgiadis vor, dass die bis zur Entscheidung über den Asylantrag inhaftierten Immigranten auf Kosten der Steuerzahler Essen erhalten würden. Darüber hinaus seien auch Klimaanlagen in Betrieb. Seine Partei, so Kasidiaris, werde bei einer Machtergreifung kurzerhand alle Immigranten auf trockene Felseninseln schaffen.

Kasidiaris hat jedoch nicht die Urheberschaft dieses Lösungsvorschlags. Vielmehr hatte bereits der Vorsitzende der "liberalen" Partei Dimiourgia Ksana, Thanos Tzimeros, gleiche Ansichten vor einem Jahr im Wahlkampf geäußert.

Was die Sparsamkeit beim Essen angeht, steckt auch der Staat nicht zurück. Weil es für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge keine Zahlungen mehr aus der Kasse der EU gibt, stellte die Regierung am 31. März ihrerseits die Finanzierung der dafür spezialisierten Einrichtungen ein. Die Betreuung findet nun mit Freiwilligen und über Spenden statt. Den Troika-Prüfern scheint dieses Detail der Sparpolitik ebenso wenig aufgefallen zu sein, wie die Tatsache, dass ein Polizeiwachenchef, der wegen Erpressung von Immigranten vor dem Kadi steht, weiter im Dienst ist, während ein Lehrer, der gegen die Sparpläne an einem Feiertag demonstrierte und bereits deswegen suspendiert ist, wegen seiner Demonstrationsteilnahme den Job verlieren wird.

Die Troikaner hatten für den beabsichtigten Stellenabbau ein rigoroses Vorgehen gegen "eidbrüchige" Beamte gefordert. Dass die Jagd nach Immigranten bereits in die Klassenräume und bei Prüfungen ausgeweitet wurde, fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Prüfer. Den legalen Aufenthaltsstatus im Land verliert ein Immigrantenkind nach der Aussetzung des unter Papandreou beschlossenen Einwanderungsgesetzes bereits, wenn es nach Erreichen des 18. Lebensjahrs keine ausreichenden Sozialversicherungsnachweise oder eine Studienbescheinigung vorlegen kann. Bei offiziell knapp 1,5 Millionen Arbeitlosen im 10-Millionen-Staat ist das kein Kunststück.

Zum ersten Mal gab es am Dienstag jedoch von Kasidiaris leichte Kritik an Aktionen seiner "Mitkämpfer", wie die Parteimitglieder sich untereinander bezeichnen. Den Angriff von Giorgos Germenis auf den Athener Bürgermeister fand er vollkommen berechtigt, da dieser sich nach Kasidiaris Meinung beim Handgemenge nur verteidigt habe. Sein Fraktionssprecher Christos Pappas habe jedoch überreagiert. Pappas hatte mit einer Urinattacke demonstriert, was er vom TV Sender Mega TV hält. Folgerichtig und wegen zahlreicher anderer Vorkommnisse um die Chryssi Avgi, so vor allemrassistische Hassreden und Überfälle auf Immigranten, reagiert das Ausland endlich auf die unhaltbaren Zustände im Land. Das US State-Department meldete Bedenken an. Schließlich sorgt ein bei den moslemischen Gemeinden eingegangener Drohbrief unabhängig davon, ob er von der Partei oder von Trittbrettfahrern stammt, für weitere Ängste.

Diese Ängste und vor allem die Gewaltspirale möchten PASOK und DIMAR mit einem Antirassismusgesetz begrenzen. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine einfache Umsetzung von EU-Vorschriften, zu denen Griechenland bis Ende 2010 verpflichtet war.

Gegen das Gesetz gibt es scharfen Widerstand, der ausgerechnet aus dem Büro des Premierministers kommt. Darüber hinaus wehren sich erzkonservative Kirchenvertreter wie Amvrosios von Kalavrita dagegen, dass sie mit dem neuen Gesetz nicht wie zuvor gegen Juden, Homosexuelle und wilde, also nicht kirchlich geschlossene Ehen wettern dürften. Amvrosios lässt seit Dienstag, dem ersten Tag der Gesetzeseinreichung, und für mindestens drei Tage sämtliche Glocken der Kirchen seines Bistums für die Dauer von fünfzehn Minuten Protest läuten.


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