Kanonenboote vor Athen

Angeblich wurde die in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts unter Seemächten gängige Kanonenboot-Diplomatie eigens zur Einschüchterung Griechenlands erfunden: Um 1850 britische Kriegsschiffe in den Hafen von Piräus zu entsenden und damit Athen zur Entschädigung des in Griechenland lebenden jüdischen Briten Don Pacifico zu zwingen, dessen Haus zuvor von Anti-Semiten geplündert worden war.

161 Jahre später feiert die Kanonenboot-Politik im Rahmen der Euro-Schuldenkrise eine fragwürdige Wiederauferstehung in Griechenland. Anders ist die Überlegung von EU-Politikern, notfalls das Privatisierungsprogramm und die Steuer-Eintreibung in Griechenland unter ausländische Kuratel zu stellen, kaum zu interpretieren.

Natürlich ist es nachzuvollziehen, dass die EU die Geduld mit Athen verliert – angesichts der Unfähigkeit der griechischen Regierung und der Opposition, sich in der Stunde höchster Not auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. Griechenlands sozialistischer Ministerpräsident schielt nach wie vor auf eine Volksbefragung. Und vor allem Vertreter der mit Abstand größten Oppositionspartei, der konservativen Nea Demokratia, scheinen immer noch zu glauben, dass sie aus einem Versagen der sozialistischen Regierung Kapital schlagen könnten. Als ob sich die Schulden und Gläubiger Griechenlands bei ihrer Machtergreifung in Wohlgefallen auflösen würden.

Gleichwohl hätte ein Angriff auf die nationale Souveränität Griechenlands, wie er nun offenbar in EU-Kreisen diskutiert wird, verheerende Auswirkungen auf die internationalen Bemühungen, das Land vor dem Bankrott zu bewahren. Die Athen oktroyierten Sparmaßnahmen und Privatisierungen treiben die verängstigten Griechen heute schon auf die Barrikaden. Unter ausländischer Kuratel würde der Rettungsplan vollends seine Legitimierung verlieren. Zu befürchten steht, dass das Land unregierbar würde.

Um das zu verhindern, müssen die griechischen Parlamentarier endlich die Parteigrenzen überwinden und über die Bildung einer gemeinsamen Notstandsregierung eine nationale Verständigung herbeiführen. Ob das verfassungskonform wäre, ist zwar unklar. Aber da Griechenland die schwerste Krise in seiner Nachkriegsgeschichte meistern muss, wäre dies eine überwindbare Hürde.

Im Gegenzug sollten EU, EZB und IWF ernsthaft darüber nachdenken, auf die Erzwingung weiterer Sparmaßnahmen zu verzichten. Die Wirtschaft eines Landes, das sich ohnehin schon in der Rezession befindet, über neue Steuererhöhungen oder Senkungen der Löhne und Transferleistungen weiter abzuwürgen, kann kein Mittel sein, um die Verschuldung zu reduzieren. Das Ganze erinnert an die mittelalterliche Heilkunde, bei der die Ärzte Schwerkranke nur zu behandeln wussten, in dem sie sie zur Ader ließen. Je schwächer der Patient wurde, desto mehr Blut musste er abgeben – bis er am Ende starb.

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