Tourismus nach Griechenland bricht ein


Das Meer ist unverändert blau, doch die Touristen fehlen. Urlaub in Griechenland - das war einmal. Das politische Chaos, die Unsicherheit über den Ausgang der Wahlen am 17. Juni haben viele Touristen verschreckt. Eine Katastrophe für die Hoteliers, die nun auf ihren größten Trumpf hoffen: die legendäre Gastfreundschaft.
     
Das rechteckige Schwimmbecken ist 147 Meter lang. Es gehört zum Hotel Michelangelo auf der griechischen Insel Kos. Der Pool liegt unterhalb des Hotels leicht erhöht an der Küste. Man kann baden und schauen. Wer hier seine Bahnen zieht, genießt aus dem Becken heraus einen endlosen Blick auf vorbeiziehende Schiffe. In der Ferne das türkische Festland. Das Wasser schwappt über den leicht abgesenkten Beckenrand vor dem Meer und macht ihn unsichtbar. Die hellblaue Oberfläche des Pools verschmilzt optisch mit der etwas dunkleren der Ägäis. Der Blick ist gigantisch. Und man hat ihn fast für sich allein. Denn es ist derzeit ziemlich leer im größten Infinity-Pool von Griechenland.

Kein Wunder
Wer verbringt schon in diesen Tagen seinen Urlaub in Griechenland?

Um dreißig bis vierzig Prozent brachen die Buchungen im Vergleich zum Vorjahr ein, je nachdem wen man fragt. Die Bilder von den Protesten in Athen, die Ungewissheit, ob die Fähren zu den Inseln fahren oder mal wieder bestreikt werden - das hat viele Urlauber verschreckt. Dabei hat sich in den Feriengebieten wenig verändert. Die Küsten sind unverändert endlos und schön, die Sonne strahlt unbeeinflusst von der Schuldenkrise, die Tradition ist auch noch da. Die legendäre Gastfreundschaft, die "Filoxenia", sei den Griechen nicht vergangen, versichern die Griechen.

Jetzt, in der Krise, wird "Filoxenia" zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor des Landes, das außer Wein und Olivenöl auf dem Weltmarkt wenig anzubieten hat.

Griechenland besitzt keine Industrie, die in nennenswertem Umfang etwas exportieren könnte. Seit das Land der Euro-Zone angehört, war die Leistungsbilanz stets defizitär. Anders ausgedrückt: Die Griechen lebten über ihre Verhältnisse, gaben mehr aus, als sie verdienten. Wirklich Geld ins Land brachte nur der Tourismus. Er sorgte bisher für 15,7 Prozent der Einnahmen.

Und nun?

Im Michelangelo verlieren sich am Anfang der Sommersaison jüngere Paare aus Großbritannien in der Weite der terrassenförmigen Anlage. Hotelier Michel Lisgaris betrachtet das mit gemischten Gefühlen. Er ist ein zupackender Mann im mittleren Alter, den Bauplan für seinen imposanten Pool hat er selbst gezeichnet. Darauf ist er stolz. Er erzählt auch, dass er nicht einer dieser reichen Griechen sei, die ihr Geld längst nach London oder Zürich gebracht haben. "Mir gehören vier Hotels - alle in Griechenland, zwei stehen hier auf Kos, zwei auf der Nachbarinsel Kalymnos." Er hat viel zu verlieren, er muss kämpfen. Denn trotz der tollen Lage direkt an der Küste hatte Lisgaris mit dem im Jahr 2009 eröffneten Michelangelo bisher kein Glück.

Es ist das richtige Hotel für Paare, gebaut zur falschen Zeit. Erst brachte Lisgaris die 250 Doppelzimmer mit Partner Thomas Cook als Sentido-Hotel auf den Markt. Die Krise des nach der Tui zweitgrößten Reiseveranstalters gleichzeitig mit der Krise in Griechenland, es lief einiges schief für das Hotel in Agios Fokas. Der Direktor musste gehen. Nun wird das Haus vom Food-and-Beverage-Manager geführt, der sich üblicherweise auf den Einkauf von Lebensmitteln und Getränken konzentriert. Er tritt souverän auf, und Eigentümer Lisgaris sagt, der Mann habe das Zeug zum Direktor.

Nun nimmt das Michelangelo einen zweiten Anlauf, diesmal unter der Tui-Marke Sensimar. Die richtet sich an Paare zwischen 30 und 69 Jahren mit mittlerem bis hohem Bildungsniveau und überdurchschnittlichem Einkommen. Solche Urlauber legen Wert auf Ruhe, Sicherheit und Qualität, sie mögen keine Experimente beim Essen - und sie wollen sich um ihre Gesundheit kümmern. Die Zufriedenheit der Gäste muss über 90 Prozent liegen, so will es die Tui. Michel Lisgaris sagt: "Der Hotelier kann nur überleben mit sehr guter Qualität." Von Mitte Juni an hofft er auf ein volles Haus.

Kann sein, dass es klappt. Kann sein, dass es nicht klappt. Mitte Juni sind Parlamentswahlen in Griechenland, zum zweiten Mal, ein Ereignis mit ungewissem Ausgang. Die Spekulationen über eine Staatspleite, über Unruhen, Chaos sowie einen Austritt Griechenlands aus der Europäischen Union und die Rückkehr zur Drachme - das gefiel den Erholungsuchenden nicht. Schon nach dem ersten Wahlgang vor wenigen Wochen, der zur politischen Blockade führte und Neuwahlen nötig machte, brachen die Buchungen ein.

Die Urlauber reagieren generell kurzfristiger. Sie buchen spät; wer nicht an Ferientermine gebunden ist, hofft auf ein Schnäppchen, so hat er es aus der Werbung der Reiseindustrie gelernt. Die Folge ist für Michel Lisgaris und die anderen Hoteliers: Sie erhalten die Belegungslisten mit den Namen der Gäste erst ein paar Tage vor deren Ankunft. Die Vermarktungsmaschinerie läuft bis kurz vor Abflug des Ferienfliegers. Jeder Sitz im Flugzeug soll verkauft werden, möglichst wenige Hotelzimmer sollen leer bleiben. So das kaufmännische Kalkül.

Garantieren kann allerdings derzeit niemand etwas in Griechenland, nicht einmal die große Tui.

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