Griechische Neonazis drohen Journalistin Gewalt an


Das politische Klima in Athen ist vergiftet: Während sich das Land auf eine Neuwahl einstellt, nutzen die Neonazis ihre neue Macht. Auf ihrer Website drohen sie einer Journalistin.


Bis zur Wahl hatte er sich als der große Staatsmann und gewisse Sieger gegeben, der er nicht ist: Antonis Samaras, Chef der konservativen Partei Neo Demokratia (ND), musste schon nach einem Tag seine Versuche aufgeben, eine Regierung zu bilden.

Seine Partei war zwar der Wahlsieger, aber mit einem erniedrigend schlechten Ergebnis von weniger als 19 Prozent (statt der erhofften 25).

Zu einer Mehrheit, selbst mit den bisherigen mitregierenden Sozialisten (Pasok) reichte es nicht, und alle anderen Parteien sagten: Nicht mit Samaras. Er, der noch am Samstag allgemein als wahrscheinlicher Wahlsieger gesehen wurde, ist der große Verlierer der Wahl. Früher oder später mag das auch Folgen haben für seine Stellung in der Partei.

Nun ist, offiziell ab Dienstagnachmittag und für drei Tage, der Chef des zweitplatzierten linksradikalen Parteienbündnisses Syriza an der Reihe, Alexis Tsipras. Dass überhaupt eine andere Partei als die traditionell regierenden ND und Pasok mit der Regierungsbildung beauftragt wird, ist ein historisches Novum und signalisiert wohl das Ende des alten griechischen Zwei-Parteien-Systems.

Tsipras wird sich mehr Zeit lassen als Samaras, denn sein Kalkül baut auf Übertritte aus den Reihen der ND und der Pasok. "Wir werden auf keinen Fall mit Pasok oder ND koalieren, denn die haben das Memorandum (das EU-Sparpaket, die Red.) unterschrieben", sagte Syriza-EU-Parlamentarier Mikos Choundis "Welt Online". "Wir hoffen stattdessen auf individuelle Übertritte aus ND und Pasok und versuchen, die Kommunisten zu überzeugen."

Das hört sich alles etwas chancenlos und auch verlogen an, denn so wie die ND und Pasok die Vereinbarungen mit der EU unterschrieben, so hatten deren Abgeordnete zuvor im Parlament dafür gestimmt. Will Syriza da wirklich einen künstlichen moralischen Unterschied konstruieren?


Es ist jedenfalls eine sehr wackelige Arithmetik. Wirklich verhandeln will Syriza nur mit den Kommunisten, und den von Syriza abgespaltenen Demokratischen Linken (DL) sowie den Unabhängigen Griechen (Anel). Die DL ist bereits an Bord, Anel hat Übereinstimmung bekundet außer in der Türkeipolitik (da geht es um Bodenschätze in der Ägäis).

Wenn die Kommunisten (KKE) auch mitmachen, fehlen immer noch 18 Mandate – aber die KKE hat schon gesagt, dass sie nicht interessiert sei. So wären schon 45 Übertritte von den 149 gewählten Abgeordneten der ND und der Pasok erforderlich, um auch nur eine hauchdünne Mehrheit zu erreichen. Sehr wahrscheinlich ist das nicht.


Inhaltlich hat Syriza kein wirklich belastbares Wahlprogramm vorgelegt. Man will ein Ende der Sparpolitik und souveräne Entscheidungen treffen, aber wie die Gehälter und Renten bezahlt werden sollen, wenn die Notkredite aus Brüssel versiegen, das beschränkt sich auf eine Formel: Griechenland erwirtschafte nur wegen seiner Zinsverpflichtungen Defizite.

Wenn man die stoppe, habe man genug Geld. Was dann aber mit den Banken und mit den Unternehmen passiert, die dann keine Kredite mehr bekommen, und mit der Wirtschaft, wenn die Kapitalflucht sich weiter verschärft, all das sind Fragen, welche die Linken bislang nicht wirklich beschäftigen.

Alexis Tsipras – Jung, sympathisch, überzeugend

Es ist Alexis Tsipras selbst, der jenseits aller Inhalte das größte Kapital der Partei darstellt. Jung, sympathisch, überzeugend, das einzige neue Gesicht in Griechenlands sklerotischer Parteienlandschaft, vermochte er es offensichtlich, die Wähler anzusprechen wie kein anderer. Es muss sich nun zeigen, ob die Griechen nach und nach erkennen, dass sich hinter Tsipras ein streitanfälliges Bündnis linker Parteien ohne realistische Politikvorstellungen verbirgt.

Weder Syriza noch die bisherigen Regierungsparteien sind bereit, die rechtsextreme Goldene Morgendämmerung salonfähig zu machen, in dem man sie in eine Koalition einbindet.

Deren 21 Mandate fallen also im Augenblick aus allen Berechnungen heraus, obwohl ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen, soweit vorhanden, mehr oder minder mit denen der Linksradikalen übereinstimmen: Ende der Austerität, Verbleib im Euro, stärkere Rolle des Staates in der Wirtschaftspolitik zwecks Arbeitsbeschaffung.

Dabei ist die Gefahr, die von der meist als neofaschistisch bezeichneten Partei ausgeht, real: Derzeit bedroht sie mehr oder weniger offen eine führende Journalistin der Tageszeitung "Kathimerini". Xenia Kounalaki hatte geschrieben, dass die Medien diese Partei ächten sollten und dass sie nie zur Wahl hätte zugelassen werden dürfen.

"Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Attentat"

Daraufhin erschien auf der Webseite der Gruppe ein ausführlicher Beitrag über die privaten Umstände der Journalistin, ihre Gewohnheiten, ihre Tochter. Am Ende des Artikels stand, auf Deutsch: "Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Attentat."

Falls Syriza keine Regierung bilden kann, gibt es eigentlich nur eine Alternative zu Neuwahlen: Samaras opfern (ND und Pasok scheinen dazu bereit) und dann umgekehrt auf Übertritte zu ND und Pasok hoffen


Sie brauchten nur drei zusätzliche Mandate. Oder, als Folge eins Verzichts auf Samaras, eine zähneknirschende Koalition mit Anel oder Abtrünnigen aus dieser Partei. Einige ihrer führenden Anhänger würden lieber koalieren, als Griechenlands Regierungskrise zu verlängern.

Viel Zeit hat das Land nicht. Die Börsenkurse sind seit Montag auf Talfahrt, bald sind weitere Überweisungen aus Brüssel nötig, um die Gehälter und Renten zahlen zu können. Dennoch scheint alles auf Neuwahlen hinzudeuten. Denn die bisherigen Randparteien sind nicht nur wild entschlossen, auf keinen Fall mit Pasok und ND zusammenzuarbeiten.

Die gesamte Opposition will mehr: Es geht ihnen darum, die alten Eliten ans Messer zu liefern. Sondergerichte sollen Korruptionsaffären und fragwürdige Kreditverträge durchleuchten. Für viele Altpolitiker könnte das eine existenzielle Bedrohung bedeuten.

Niemand kann die Risiken von Neuwahlen einschätzen

Sollte die Regierungsbildung scheitern, so ist es überhaupt nicht sicher, dass eine erneute Wahl eine regierungsfähige Mehrheit produzieren würde. Selbst wenn, wie man bei Syriza sicher hofft, die Linksradikalen zur stärksten Kraft aufsteigen sollten, würde ihnen das Wichtigste fehlen: Der 50-Mandate-Bonus, der nach griechischem Wahlrecht der stärksten Partei zugeschlagen wird.

Das soll die Herausbildung stabiler Regierungsmehrheiten erleichtern. Nur: Syriza ist keine Partei. Sie ist offiziell ein Bündnis mehrerer Linksparteien und bekäme einen Bonus daher wohl nicht. Neuwahlen könnten also nichts weiter bringen als noch mehr steriles Palaver und weitere Wahlen.

Eine neue Regierung würde es dann wohl erst im Herbst geben. Und niemand weiß, wie Neuwahlen und eine monatelange Regierungskrise sich auf das Ergebnis der Rechtsextremen Goldenen Morgendämmerung auswirken würden.

In Athen ist wegen des Wahldurcheinanders derzeit ein leichter Stimmungsumschwung zu beobachten zugunsten der Pasok, die mit nur 13 Prozent ihr historisch allerschlechtestes Wahlergebnis erzielt hatten. Aber seit Montag ist Pasok-Chef Venizelos der Einzige, der konkrete Ziele in zeitlicher Sequenz vorrechnet, der Einzige, der so etwas wie Seriosität und Verlässlichkeit ausstrahlt.







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