"Griechenland interessiert in Wahrheit keinen mehr"

Mit fast zehn Prozent Plus war der Österreich-Fonds von Raiffeisen im Jänner das Maß aller Dinge. Manager Günther Schmitt ist weiter optimistisch und setzt auf die Banken.

WirtschaftsBlatt: An den Märkten scheint schon wieder eine Wende vollzogen -und zwar zum Guten. Ist diese Ihrer Meinung nach gerechtfertigt und vor allem nachhaltig? Günther Schmitt: Zwei Dinge haben zu dieser Jahresauftaktrally geführt. Erstens scheint es so, als ob diese Rezession, wenn überhaupt, nur in abgeschwächter Form kommt. Und das Zweite war dieser EZB-Tender im Dezember, den alle, auch wir, ursprünglich unterschätzt haben. Man dachte sich "Gut, dass Liquidität zur Verfügung gestellt wird". Aber nicht, dass diese Liquidität dazu führt, dass die Banken mit dem Geld unter Anführungszeichen spekulieren -also Anleihen gekauft haben und teilweise wahrscheinlich auch Aktien. Im Nachhinein kein Wunder: So billiges Geld, das gibt 's mit einem Prozent fürs Jahr ja fast gratis. Da wär jeder dumm, der 's nicht nimmt. Damals haben 's einige Banken aber nicht genommen, etwa die Deutsche Bank, auch die RZB. Nur jetzt, wenn das im Februar noch einmal kommt, nimmt sich 's jede Bank. Denn dieses Stigma des schlechten Geldes, das es vielleicht für einige gehabt hat, bleibt jetzt auch weg. Also: Die Liquidität bleibt jetzt einmal erhalten.

Und damit der Aufwärtstrend der Börsen?

Es sieht so aus. Zumal noch etwas dazukommt: Die Bewertungen sind günstig. Vor allem in Europa, weil das eine extrem unbeliebte Region ist. Und da werden die Anleger wieder zurückkehren. Deswegen bin ich fürs Gesamtjahr schon positiv. Freilich wird es nicht in der Tonart weitergehen wie im Jänner, es schwächt sich jetzt schon ab. Aber insgesamt wird es ein gutes Jahr werden.

Die Bewertungen scheinen zwar tatsächlich günstig, allerdings sind die zugrunde liegenden Gewinnschätzungen immer noch recht hoch...

Natürlich. Aber, nehmen wir nur Österreich her: Der ATX weist ein für 2012 geschätztes KGV von rund neun auf. Die Gewinnschätzungen sind, glaube ich, immer noch bei etwa plus 20 Prozent. Selbst wenn ich jetzt davon ausgehe, dass ich null Prozent habe, dann erhöht sich das KGV vielleicht auf elf Komma irgendwas. Dann bin ich immer noch in einem günstigen Bereich, vielleicht nicht mehr super billig, aber billig. Erst recht, wenn die Gewinne dann vielleicht mit zehn Prozent reinkommen. Und dass sie sich negativ entwickeln werden, das kann ich mir wirklich nicht vorstellen.

Positiv könnte man auch werten, dass etwa Griechenland die Märkte zuletzt nicht mehr erschüttern konnte. Und auch, dass das Volumen, wie immer in Trendwenden, niedrig ist -die Masse also noch nicht mal investiert ist...

Das glaube ich auch, wenngleich die schwachen Umsätze auch daran liegen, dass immer mehr Blöcke über Dark Pools gehandelt werden, die in der Statistik nicht aufscheinen. Aber viele Institutionelle, etwa Versicherungen, sind tatsächlich noch nicht investiert und jeder Tag, an dem die Märkte steigen, ist schmerzhaft. Schwache Tage werden immer wieder zum Einsteigen genutzt, sodass daraus ein positiver Effekt zu erwarten ist. Was hingegen Privatanleger betrifft, so fürchte ich, die kommen so schnell nicht wieder. Für die hat die Aktie ausgedient. Griechenland interessiert in Wahrheit keinen mehr.

Zurück zu Ihrer Bemerkung, dass Europa eine ungeliebte Region ist. Ist das gerechtfertigt? Die USA stehen schuldenmäßig ja um nichts besser da.

Ich würde sogar sagen, dass die USA schlechter dastehen. Aber 80 Prozent der Investoren kommen nun mal aus den USA. Und die lassen sich ihr Land nicht schlechtreden. Längerfristig sind die USA jedoch am absteigenden Ast, da hat Europa mit seinen Sparprogrammen die besseren Perspektiven. In zehn Jahren wird man sagen, Europa hat zwar damals den schmerzhafteren Weg gewählt, aber den erfolgreicheren.

In dem Zusammenhang auch gleich zu Osteuropa, das zurzeit auch gern schlechtgemacht wird, was wiederum auch Österreich und seinen Banken-etwa bei den Ratings -schadet. Ist das gerechtfertigt?

Das scheint mir übertrieben. Aber eines muss man schon sehen: Diese Wachstumsraten von einst werden wir in Osteuropa nicht mehr so schnell sehen. In manchen Ländern wie Polen läuft es gut, in Ungarn schlecht. Insgesamt wird das Wachstum leicht besser sein als in Westeuropa. Wir gehen EU-weit derzeit von 0,5 Prozent Wachstum aus und für Osteuropa von 1,5 Prozent. Früher waren wir bei 2,5 versus fünf oder sechs Prozent. Die Bewertungen, die Österreich einmal gehabt hat, sind nicht mehr gerechtfertigt. Damals, als die Wiener Börse im Jahr um 50 Prozent gestiegen ist, hatten wir auch ein Gewinnwachstum von 50 Prozent.

Trotzdem sollte die Volatilität, die in Wien 2011 nach unten höher war, auch nach oben wieder höher sein. Sprich, Wien wird heuer steigende Weltbörsen outperformen, oder?

Natürlich. Man sieht das ja auch an den Banken. Die wurden nach unten geprügelt und haben zuletzt ja auch plötzlich wieder extrem outperformt. Ohne die Banken wird 's im Übrigen nicht gehen.

Eine Übergewichtung der Banken war wohl mitverantwortlich für die starke Jänner-Performance ihres Österreich-Fonds, der der beste seine Art war, allerdings den Markt auch nicht outperformen konnte.

Ja, ich habe die Banken höher gewichtet als die meisten Konkurrenten, was uns geholfen hat. Wobei das mit der Übergewichtung so eine Sache ist. Wir dürfen ja vom Gesetz her keine Aktie über zehn Prozent gewichten. Eine Erste Bank hat aber im ATX schon rund 15 Prozent Gewicht. Das heißt, ich kann noch so positiv auf diese Aktie eingestellt sein und sie als meine größte Position wählen, relativ zum Markt ist das mitunter aber sogar meine größte Untergewichtung. Ein Österreich-Fondsmanager kann in Banken gar nicht übergewichtet sein. Das erklärt, wieso in manchen Marktphasen alle schlechter performen als der Index. Da hat man fast keine Chance.

Ihre Favoriten für 2012?

Wie gesagt, wenn wir davon ausgehen, dass es ein gutes Jahr wird, dann wird 's ohne die Banken nicht gehen. Die sind auch nach Bewertungskennzahlen extrem günstig, Erste und Raiffeisen notieren etwa zum halben Buchwert. Natürlich kann man das bezweifeln und weitere Abschreibungen nie ausschließen. Aber es gibt gar nicht mehr allzu viel, was man noch abschreiben könnte. Ansonsten sind wir bottom-uporientiert, suchen Value-Aktien mit günstiger Bewertung. Und da gibt es in Österreich immer noch viele. Eine OMV etwa ist extrem billig.

Das ist sie aber immer -seit vielen Jahren ist die OMV scheinbar unterbewertet und entwickelt sich trotzdem eher schwach...

Das stimmt schon. Und eine SBO ist, seit ich sie ansehe, immer überbewertet.

Und eine Andritz.

Extrem teuer. Und sie gehen trotzdem immer noch gut. Ich glaube, das liegt daran, dass SBO und Andritz weltweit agieren, im Gegensatz zu einer Palfinger oder Zumtobel, die im Prinzip nur europaweit tätig sind. Ihr Geschäft war zuletzt ja auch stabiler.

Ihre weiteren Top-Picks?

Ich habe eine Kapsch sehr stark übergewichtet. Der Trend ist einfach, dass die Staaten Geld einnehmen müssen, und da bietet sich der Aufbau eines Mautsystems an. Und am Weltmarktführer Kapsch kommt niemand vorbei. Die großen drei Immo-Aktien hab ich auch übergewichtet. Deren Problem ist, dass sie Immos verkaufen wollen, was derzeit allerdings schwierig ist. Ich denke, das ist der Grund, wieso sie teilweise trotz attraktiver Bewertungen zurückgeblieben sind.

Zum Schluss noch die, zugegeben, populistische Frage: Wo steht der ATX zu Jahresende?

Zehn Prozent Plus auf gut 2400 Punkte sollten noch drin sein, mit zwischenzeitlich allerdings wohl durchaus hohen Schwankungen.

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