Arbeitnehmer in Griechenland verlieren dreieinhalb Monatslöhne

In Griechenland verlieren Arbeitnehmer des privaten Sektors infolge des von den Gläubigern verlangten neuen Sparpakets rund dreieinhalb Monatslöhne im Jahr.

Das von der Troika und den internationalen Gläubigern Griechenlands verlangte neue Sparpaket sieht unter anderem die Senkung der gesetzlichen Mindestlöhne um 22% vor, was zu einer Senkung des monatlichen Mindestlohn eines ungelernten ledigen Arbeiters auf etwa 450 Euro netto führt. Entsprechend sinken auch alle Bezüge und Leistungen, die an den gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt sind, wie beispielsweise Arbeitslosengeld, das – sofern überhaupt ein Anspruch besteht – auf monatlich etwa 350 Euro pro Monat gekürzt wird. Die allein aus den erneuten Lohnkürzungen entstehenden Beitragsverluste der gesetzlichen Sozialversicherungsträger in einer Größenordnung von 1,5 Mrd. Euro sollen gegebenenfalls durch weitere Kürzungen der Renten kompensiert werden.

Im Vergleich zu der anfänglichen Forderung nach Streichung des sogenannten “13. und 14. Monatslohns” (= Festzulagen und Urlaubsgeld) fällt somit die horizontale Lohnkürzung noch härter als befürchtet aus, was jedoch Politiker damit zu kaschieren versuchen, indem sie die “Rettung des 13. und 14. Monatslohns” als Erfolg ihrer harten Verhandlungen mit der Troika glorifizieren. Das offensichtliche Paradox kommentiert die Journalistin Kate Kazanti in einem am 09. Februar 2012 in der Zeitung “Vradyni” unter der Kolumne “Anspielungen” publizierten Artikel, der nachstehend in (zum Teil freier) deutscher Übersetzung wiedergegeben wird.

Ockhams Rasiermesser

Es ist im Internet zu finden: “Mathematik für die dritte Klasse der Grundschule”:
Frage: Du hast einen Lohn von 600 Euro netto und wirst 14 Mal im Jahr bezahlt. Wie viel Geld bekommst Du im Jahr?
Antwort: 600 € x 14 = 8.400 €
Frage: Dank des harten Ringens unserer politischen Führung bleibt es bei 14, jedoch wird 600 zu 450. Wie viel Geld bekommst Du also nun im Jahr?
Antwort: 450 € x 14 = 6.300 €
Frage: Wie viel Geld hast Du also in einem Jahr verloren?
Antwort: 8.400 € – 6.300 € = 2.100 €
Frage: Wie viele Monatslöhne hast Du also verloren?
Antwort: 2.100 € / 600 € = 3,5
Frage: Wurden also der 13. und 14. Monatslohn gerettet?
Antwort: Sie wurden nicht nur nicht gerettet, aber zusammen mit ihnen ging auch der 12. und der halbe 11. verloren!
Fazit: Entweder nehmen uns alle auf den Arm oder niemand von ihnen hat die 3. Klasse der Grundschule absolviert!

Dieser spöttische mathematische Syllogismus wird natürlich wegen übertriebener Simplizität auf jede denkbare Kritik stoßen, und zwar speziell seitens derer, die uns intellektuelle Beinchen zu stellen und jedes Mal davon zu überzeugen bemühen, dass sie sich – in Abwesenheit des Volkes – für das Wohl des Volkes abrackern. Sie mögen beispielsweise behaupten, dass der Verlust im Prinzip ein Gewinn und die Verarmung eine Investition in zukünftigen Reichtum sei. Warum? Weil jeder, der einen Eid auf den Namen der Wettbewerbsfähigkeit ablegt, zu wissen schuldet, dass letztere um so mehr steigt als, die Löhne sinken, und also auch die Wirtschaft wächst.

Umverteilung des Reichtums von unten nach oben

Sie beantworten natürlich nicht, wieso dies niemals in Rumänien oder Bulgarien geschah, weil diese Frage in dem sogenannten Kleingedruckten aufgeführt ist, welches wir uns nicht zu lesen angewöhnt haben. Auch sprach niemals jemand über all das Übrige, was ein Land wettbewerbsfähig macht, wie Infrastrukturen, Innovationen usw. Wir beginnen bei dem Einfachen: bei dem, was jedoch erst einmal die Umverteilung des Reichtums von unten nach oben forciert. Und wenn jemand wagt, diesen Einwand zu wispern, wird er direkt umgehend als malerisch und einfältig beschuldigt.

Ist jedoch möglicherweise die Zeit gekommen, uns wieder an das Rasiermesser von Ockham, an jenen Franziskanermönch, den englischen Philosophen der Logik und sein Rasiermesser zu erinnern, das auch die Basis der modernen Wissenschaft darstellte? Wozu ermuntert er uns? Sein wissenschaftlicher Grundsatz, der ebenfalls auch Prinzip der Ökonomie genannt wird, lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: einerseits soll niemand zu mehr Hypothesen als nötig schreiten und andererseits ist von zwei Theorien, welche Prognosen bieten, die einfachere die bessere. Ockhams Rasiermesser ermuntert uns, die einfachere Theorie zu akzeptieren, bis wir Gründe haben, dies nicht zu tun, da jede wissenschaftliche Theorie – um wissenschaftlich zu sein – so wie so den Keim enthält, sich selbst zu widerlegen.

Wenn also der “notwendige Lohn” eines Arbeitnehmers schrumpft und ein ganzes Volk kontinuierlich verarmt, anzunehmen, dass es – weil es verarmt – … reicher werden wird, ist dies eine Schlussfolgerung mit dermaßen vielen intermedierten Hypothesen, die alles andere als logisch oder wissenschaftlich charakterisiert werden kann. Das Vernünftigste in diesen schweren Zeiten wäre also, uns wieder an die Mathematik der 3. Klasse der Grundschule zu erinnern, und sie – sei es auch mit Gewalt – all jenen in Erinnerung zu bringen, die sie vergessen haben.

(Quelle: Vradyni, Autorin: Kate Kazanti, Übersetzung: griechenland-blog.gr)

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