Verhältnis der Griechen zu Deutschen ist gestört

Früher fast immer freundlich begrüßt, erlebt man heute als deutscher Urlauber im krisengeschüttelten Griechenland so einiges, auf das man gern verzichten würde.

In Deutschland Schlagzeilen wie "Faule Pleitegriechen“ und Titelseiten mit der Göttin Athene, die den Stinkefinger zeigt. In Athen ermittelt der Staatsanwalt wegen "Verunglimpfung von griechischen Staatssymbolen“, auf den Straßen werden Deutschlandfahnen mit Hakenkreuzen beschmiert, und in den Zeitungen liest man dies: „Der Traum, Europa zu erobern, ist in Deutschland wieder da. Das Werkzeug ist dieses Mal nicht die Wehrmacht, sondern der Euro.“

Die Stimmung im Griechenland dieser Tage ist hitzig – sollte man deswegen als Deutscher den Urlaub dort stornieren? Kommt nicht infrage! Aber wie sehr muss man dieses Land lieben, wenn man direkt in einen Generalstreik hineinfährt? Oder in einen Streik der Taxifahrer, Eisenbahner, Museumswärter?

Warum ausgerechnet im Urlaub auf der scharfen Kante der Weltfinanzpolitik entlangsegeln? Antwort: Einen Griechenlandfan überrascht nichts. Denn erstens macht der Grieche selten etwas hundertprozentig, nicht mal einen Generalstreik.

Zweitens: Sie streiken so oft in Griechenland, dass es für alles Notfallpläne gibt. Drittens: "Die Griechen quatschen immer viel, machen es aber dann nicht“ – so sagt es zum Beispiel der eher wortkarge, aber weise Nikos, Patron meines Lieblingsgriechen in Berlin.

Unsere Maschine landet pünktlich in Athen, das Gepäck ist schnell gefunden, die Taxischlange auch, denn sie ist diesmal kaum zu übersehen. 500 Meter lang stehen Touristen in Dreierreihen. Es ist Generalstreik und die Busse und Bahnen fahren heute nicht – Taxis aber schon. Vorn an der Taxischlange knäuelt es sich, da wird gepfiffen, gehupt, gerempelt und gezetert.

Weiter hinten versuchen einige Drängler ihr Glück, werden aber von der Schlange abgewiesen. Wie die alte Dame mit ihren drei Katzenboxen, die erst einen auf Ellbogen macht und dann plötzlich nur noch schüchtern Französisch sprechen kann.


Mehr Erfolg hat der Italiener, der auf einen Wildfremden ganz vorne zugeht, ihn umarmt und küsst, Freundschaft simulierend. Sein Berlusconi-Style hat Erfolg, der verdutzte Fremde lässt ihn vor, eine Minute später hat der Italiener ein Taxi.

Ein paar Tage später, genauer: in der gerade vergangenen Woche, wird die Lage anders sein: Da streiken die Taxifahrer, blockieren den Athener Flughafen und die Häfen von Piräus und Patras, in Katakolon behindern sie den Landgang von 3000 Kreuzfahrttouristen, die die antiken Stätten von Olympia besuchen wollen.

Immerhin: Diese Blockaden lösen in Griechenland eine Welle der Empörung aus. Hoteliers, Reisebüros und Händler verurteilen die Taxifahrer aufs Schärfste, Kulturminister Pavlos Geroulanos wettert, dieser Streik sei das "Schlimmste, was dem griechischen Tourismus zustoßen kann“.

Doch während unseres Urlaubs streiken die Taxifahrer nicht, und nach gerade mal einer halben Stunde Wartezeit haben wir ein Taxi. Der Fahrer versteht den Straßennamen, kennt das Hotel, weiß den Weg. Dann hört er, dass wir Deutsch sprechen. "Ach, Sie kommen aus Deutschland“, holpert er auf Englisch. Lange Pause. Dann: "Merkel mag uns Griechen nicht.“ Ende des Gesprächs.

Auf unsere Antwort "Quatsch, stimmt nicht, wie kommen Sie denn darauf?“ reagiert er nicht mehr. Eine kleine Taxameter-Schummelei am Ende der Fahrt, bei der wir acht Euro zu viel zahlen – geschenkt, mein Freund! Irgendjemand muss ja deinen 300er-Daimler bezahlen. Und doch war dieser verkorkste Gesprächsverlauf neuartig.

Auf die unverfängliche Frage "Woher kommst du?“ und die Antwort "aus Deutschland“ folgten seit Jahrzehnten rituell Satzanfänge wie: "Kenn ich…; FC Bayern…; Bruder in Krefeld…; schlechtes Wetter...“ Eine lange Pause aber, ein betretenes Schweigen, ein verlorener Gesprächsfaden – das gab es noch nie. Derzeit ist das in Griechenland die Regel.
"JEDER WEISS, DASS WIR VERLIERER SIND"

Ein Kiosk in Pylos auf dem Peloponnes: Wer hier deutsche Zeitungen kauft, kommt schnell mit dem Chef ins Gespräch. Der will übrigens seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. "Griechenland ist im Eimer, wir als Volk haben versagt – jeder weiß, dass wir Verlierer sind“, umschreibt er die Stimmung seiner Landsleute.

Und erzählt die Geschichte von dem Krankenhaus in Athen, das 26 staatliche Gärtner haben soll, obwohl es dort gar keinen Garten gibt. Griechen sind nicht gerade für ausufernde Heiterkeit bekannt, aber jetzt sind sie besonders übel drauf: Schweigend und mit gesenktem Blick sitzen die Männer neuerdings in den Kafenions, den typisch griechischen, frauenfreien Dorfkneipen.

Früher saß man dort in Gruppen zusammen, schwatzte und trank, heute hocken die meisten vereinzelt an den Tischen und starren vor sich hin. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren sind die Tavernen deutlich leerer, an den Stränden stehen ganze Sonnenschirmreihen verwaist herum. Auch auf der Akropolis und der Agora in Athen und im antiken Olympia ist zwar alles geöffnet, aber eher ruhig.

Allein sein zwischen Ruinen – das geht jetzt. Wer ausbleibt, sind weniger die Pauschaltouristen, sondern diejenigen, die sich den Urlaub selbst organisieren – und dafür normalerweise viel Geld ausgeben. Sie haben neu disponiert, sind auf Italien, Frankreich, Portugal und Spanien umgeschwenkt. Für ein Land, das in der Hauptsaison normalerweise ausgebucht ist, eine fatale Entwicklung.

In der Athener Altstadt stehen viele Kellner – mangels Touristen – herum und schwatzen mit Kollegen. "Griechenland ist jetzt Krisengebiet“, seufzt einer, "viele Urlauber befürchten, dass sie hier verprügelt werden oder ihr Flug nach Hause nicht mehr geht.“ Im Hotel berichtet ein kanadisches Ehepaar aus Montreal, dass es angepöbelt wurde: "Die haben uns für Franzosen gehalten.“

Einen Italiener haben sie bespuckt, einfach so, auf der Straße. Identifizieren Kellner einen Gast als Deutschen, wird der gern mal besonders langsam oder gar nicht bedient. Und Touristen wird vor allem in Athen in diesen Tagen öfter mal der Stinkefinger gezeigt. Auch uns. Der das schreibt, reist seit mehr als 25 Jahren nach Griechenland, er kennt das Land und kann sagen: Das ist neu; es stimmt etwas nicht im Verhältnis der Griechen zu ihren Gästen.

Aber: Ein Kontrastprogramm gibt es in diesen Tagen erfreulicherweise auch. Im Stadtteil Kerameikos trifft sich das junge, schicke, weltgewandte Athen. Wir lassen hier den Tag ausklingen und sprechen Deutsch. Am Ende des Abends hat uns irgendjemand in der Bar die Drinks bezahlt und ist gegangen – einfach so. Wir kommen wieder!

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