POLIZEI-PRÜGEL IN ATHEN

Seitdem im Dezember 2008 ein 15jähriger Junge von einem Polizisten getötet wurde, steht Griechenland Kopf. Die Wirtschaft des Landes ist komplett zusammengebrochen und die Maßnahmen der Regierung einen Staatsbankrott zu verhindern führten zu endlosen Protesten und Krawallen. Als eine der ersten europäischen Nationen, die in die Rezession schlitterten zeigt uns Griechenland nun was passiert, wenn das Geld versiegt und die Regierung, die eigenen Bürger in den Straßen verprügeln muss um an der Macht zu bleiben.

In letzter Zeit war die Lage in Athen zwar wieder etwas entspannter. Die wütende Jugend war etwas müde von ihren Kämpfen gegen den Staat und die älteren Mitbürger verlassen ihre Häuser aufgrund der gestiegenen Verbrechensraten eh nicht mehr.

Doch dann eskalierte die Gewalt am Dienstag gegen fünf Uhr morgens wieder, als drei Einwanderer einen 44 Jahre alten Mann in der Innenstadt umbrachten, während er gerade sein Auto holen wollte, um seine schwangere Frau ins Krankenhaus zu fahren.

Am Donnerstag verwandelte sich die Trauerfeier schließlich in ein Massaker bei dem nationalistische Gruppen wahllos Einwanderer mit Knüppeln durch die Straßen Athens jagten. Am Tag zuvor, bei einer komplett anderen Demonstration gegen die staatlichen Kürzungen prügelte die Polizei den 31jährigen Demonstranten Giannis Kafkas ins Koma. Wir sprachen mit Greg, einem Freund von Gianni.

VICE: Das mit deinem Freund tut uns leid. Was ist am Mittwoch passiert? Wie kam es zu den gewaltsamen Ausschreitungen?

Greg: Es hat einige Leute erwischt. Die Polizei hatte sich nicht nur eine Grupper herausgesucht, sondern ging gegen alles und jeden vor. Ein paar Anarchisten warfen Molotov-Cocktails, aber das waren nur einige wenige und bestimmt nicht die Gruppe mit der wir unterwegs waren, als wir attackiert wurden.

Warum begann die Polizei den Leuten ihre Schlagstöcke über den Kopf zu ziehen?

Es wirkte beinahe so, als wären sie einfach verrückt geworden und hätten sich dazu entschlossen jeden auf der Stelle zu verprügeln. Gianni hielt ein Transparent in der Hand, doch sein Gesicht war nicht vermummt und er hatte auch keine Waffen dabei. Sie warfen ihn einfach zu Boden und begannen auf ihn einzuschlagen.

Scheiße. Verlor er schon auf der Straße das Bewusstsein?

Nein. Ein Passant half ihm und rief seinen Bruder an. Er wurde in einen Krankenwagen geladen und verlor dort sein Bewusstsein.

Ein Beispiel der Polizeitaktik in Athen. Dieser Typ ist nicht Gianni.

Wie schwer sind seine Verletzungen?

Laut den Ärzten, die ihn behandelten war das mehr als eine einfach Prügelei. Das war versuchter Mord. Die Schädeldecke ist gebrochen und ein Drittel seines Gehirns ist zerstört. Die Ärzte meinten zudem, dass die Schäden zu schwerwiegend seien, als dass sie von einem Faustschlag oder sowas stammen könnten. Es muss also ein Schlagstock oder etwas ähnliches gewesen sein, dass die Spezialeinheiten zur Zeit in Athen einsetzen.

Was meinst du damit? Der Knauf einer Pistole, oder etwas barbarischeres wie ein Stock mit Nägeln?

Wissen wir nicht. Etwas, das sie zurzeit vermehrt einsetzen ist Gas. Deswegen sieht man in den Nachrichten immer diese Typen mit Gasmasken auf den Demonstrationen. Es ist zudem ein echt seltsames Gas und keineswegs das normale Tränengas, an das wir uns ja schon in den vergangenen Jahren gewöhnen durften. Dieses Zeug holt dich echt von den Beinen und sobald du unten bist, holen die Polizisten ihre Schlagstöcke raus. Die Cops verhalten sich im Moment echt seltsam. Wenn sie dich mit einer Kamera sehen, dann bist du eigentlich schon so gut wie tot.

Und ich dachte immer, dass ihr Typen die Demokratie erfunden hättet. Wie geht es Gianni im Moment?

Er befindet sich auf der Intensivstation. Sein Zustand ist noch immer kritisch und er ist auch noch immer in einem Koma. Aber er war nicht der einzige, den es an diesem Tag erwischt hat. Ein 17jähriges Mädchen hat ihre Milz verloren und dann gab es noch eine Menge andere Verletzte. Ein paar Leute schafften es Fotos zu machen und online zu stellen. Wir sehen sie noch immer an und hoffen darauf eines zu finden, auf dem Gianni zu sehen ist wie er verprügelt wird.

Wahrscheinlich versuchen einige alles zu tun um das zu verhindern.

Die Regierung versucht das alles zu vertuschen. Der Staatsanwalt kam sogar in Begleitung einiger Polizisten ins Krankenhaus und bedrohte den Oberarzt, weil dieser Gianni direkt operiert hatte, ohne die Krankenhausverwaltung zu informieren. Der Arzt sagt, dass wenn er das getan hätte Gianni heute tot wäre. Der Staatsanwalt erwiderte nur, dass er das nicht wissen könne.

Was passierte in der folgenden Nacht? Es gab wieder Ausschreitungen. Diesmal durch die Nationalisten. Hast du etwas davon mitbekommen?

Das war alles total verrückt. Überall waren Messer zu sehen und sie wurden auch benutzt. Die Einwanderer waren total unbewaffnet und rannten einfach nur panisch davon. Grässlich.

Was passiert also nun mit Griechenland? Wie kann es überhaupt weitergehen?

Es scheint so, als würde dies der heißeste Sommer aller Zeiten für Griechenland werden. Aber eigentlich sollten sich alle mal wieder beruhigen und aufhören durchzudrehen. Aber im Moment kann man nicht einmal mehr sagen wer ein Polizist ist, oder ein

Faschist. Athen ist in Gruppen zersplittert, die sich gegenseitig erstechen und töten und niemand spricht darüber. Weder der Premierminister oder der Innenminister. Niemand. Es gibt keine wirklich demokratische Linke mehr und die Staatsmacht ist ebenfalls nicht mehr existent. Im Grunde sind wir ein Polizeistaat, in dem die Sicherheitsorgane die Kontrolle haben. Eigentlich leben wir in einem totalitären Regime.

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